Der Herbst lädt zum Wandern ein. Gerade in der Steiermark gibt es viele Almen, die für ein breites Publikum wunderschöne Strecken bereithalten. Gerade während der Pandemie war das ein Geschenk. Man konnte sich in Graz bspw. ein Elektroauto ausleihen und dann hinaus aufs Land fahren. Einer der aus meiner Sicht schönsten Wanderwege befindet sich bei der Teichalm, wenn man in Richtung Heulantsch hinauf auf die Alm spaziert. Am besten startet man vom Teichalmsee und nimmt sich die Zeit, um in Ruhe die Gegend wahrzunehmen. Parkplätze (auch für Elektroautos) gibt es ganz in der Nähe vom Teichalmsee.

Hinauf auf die Alm - Blick auf den Teichalmsee - © ausgeglichen unterwegs
Vom Teichalmsee aus kann man diese wunderbare Wanderung starten (Aufnahme: © ausgeglichen unterwegs, November 2020).

Hinauf auf die Alm und die Aussicht genießen

Beim Wandern auf einer Alm bekomme ich meinen Kopf ganz gut frei. Die Wege sind gut bewältigbar und gerade die Strecke von der Teichalm in Richtung Heulantsch empfinde ich für die Gelenke als sehr angenehm. Dieser Weg spricht damit auch jene an, die sonst eher nicht ganz so geübt sind, auf Almen zu spazieren. Es ist eine andere Form, die Seele baumeln zu lassen. Und je weiter man geht, in desto höhere Gefilde kommt man. Dementsprechend schön wird dann die Aussicht. Voraussetzung für all das ist natürlich ein entsprechend wolkenarmes Wetter und angenehme Temperaturen.

Hinauf auf die Alm - Richtung Heulantsch - © ausgeglichen unterwegs
Aussicht von der Teichalm in Richtung Südosten (Aufnahme: © ausgeglichen unterwegs, November 2020).

Warum ich im Herbst 2020 dieses Foto aufgenommen habe

Selbstverständlich war mein erster Gedanke bei dieser Aufnahme, die Landschaft zu zeigen und damit den Augenblick einzufangen. Die Farben in diesem Bild entsprechen den tatsächlichen Lichtverhältnissen in genau jenem Moment. Es lag schon ein wenig Schnee auf der Alm. Der Herbst war zudem schon sehr weit fortgeschritten – es stand praktisch der Winter ins Haus. Zu sehen waren in diesem Moment: Hügel, Wolken, Wälder, große Flächen, ein relativ wolkenarmer Himmel und ein Mensch, der die Sonnenstrahlen sowie die Aussicht zu genießen scheint. Dieses Foto hat nach wie vor eine ganz eigene Wirkung auf mich. Aufgenommen habe ich dieses Foto mit meiner Canon EOS 2000D.

Im Kontext zum 28. November 2020

Die Menschen in Österreich waren zu diesem Zeitpunkt erneut im pandemiebedingten Lockdown. Man konnte sich kaum vom Alltag ablenken. Da kamen Wanderungen gerade recht. Schnell hinaus aus der grauen Stadt, aus dem tristen Alltag – und hinauf auf die Alm (egal welche). Diesen Gedanken hatten mein wunderbarer Partner und ich jedoch nicht allein. Wir nahmen einen seiner Kollegen mit und trafen während unserer Wanderung auf einige Menschen, die ebenfalls mal raus mussten. Weg von einem Alltag, der durch die vielen schlechten Nachrichten die letzten halbwegs funktionierenden Sinne zu vernebeln schien. Die Wolken, diese Dunkelheit und all jene grauen Farben in der Stadt können einem auf Dauer ganz schön zusetzen.

Im übertragenen Sinne

Mit vernebelten Sinnen kann man nicht klar denken und handeln. Stattdessen bahnen sich immer mehr dunkle Gedanken an, die einen Menschen tief in einen Strudel aus Hoffnungs- und Hilflosigkeit ziehen können. Darum war es in dieser Zeit so wichtig, sich zurückzunehmen, weniger Nachrichten zu konsumieren und sich stattdessen anderen Dingen zu widmen. Wenn man im Tal bleibt, dann sieht man meist den Horizont (und darüber hinaus) nicht. Denn es sind die Wolken im Tal, die einem die Sicht versperren (und so manches Mal innerlich betrüben). Doch wenn man sich einen Überblick verschafft, hinauf auf die Alm geht und in die Weite sehen kann, dann versteht man, dass es weiter geht. Auch, dass es einen Ausweg gibt – egal, wie schwer die Probleme gerade wiegen mögen.

Für mich persönlich

Aus meiner Sicht ist es wichtig, auf dem Weg in Richtung Ziel kurz stehenzubleiben und innezuhalten. Sich umzusehen und festzustellen: Wo stehe ich gerade? Was geschieht gerade um mich herum? Und in genau solchen Momenten nehme ich gerne meine digitale Kamera in die Hand und fotografiere. Halte diesen einen Moment für mich fest. Anschließend halte ich selbst inne und nehme diesen Augenblick ganz bewusst wahr. Sehe die Wolken, die Hügel, die Landschaft und die Menschen auf dem Wanderweg. Nehme die Sonnenstrahlen wahr und lasse die gesamte Stimmung des Augenblicks (mit dem Lichteinfall) bewusst auf mich wirken. Schließe kurz die Augen und atme tief ein und aus. Die Probleme des Alltags? Erscheinen (für den Moment) wie vom Winde verweht. Aus Problemen werden eher Herausforderungen. Und Herausforderungen sind da, um angenommen zu werden.

Hinauf auf die Alm für die geistige Gesundheit

Doch waren das wirklich meine persönlichen Probleme, die mich in jener Zeit belasteten? Zu großen Teilen kann ich heute schreiben: Nein. Zu sehr habe ich mich in die Probleme anderer Menschen mit hineinziehen lassen. Zu sehr habe ich deren Angewohnheit, sich auf Kosten anderer Personen (auch auf meine Kosten) zu profilieren, geduldet und über mich ergehen lassen. Es brauchte genau diese Ausflüge hinauf auf die Alm, um meine Gedanken zu ordnen. Für mich die richtigen Rückschlüsse zu ziehen. Wobei Letzteres ein Prozess war, der sich bis dieses weit Jahr hinein zog und vermutlich bis ins hohe Alter hinein ein ständiger sowie lästiger Begleiter sein wird. Es ist so ungemein wichtig, auf sich und die eigene geistige Gesundheit zu schauen. Denn mit sich selbst muss man bis ans Lebensende klar kommen. Ein gesunder und klarer Geist kann dabei helfen, dass es bis dahin ganz erträglich wird. 😉