Manchmal kann man sich das Leben unnötig schwer machen. Beispiel gefällig? Zum Beispiel dann, wenn man eine Reise plant und diese dann storniert, weil das Wetter vielleicht nicht ganz der eigenen Vorstellung entsprechen könnte. Kann man mal so machen. Allerdings bringt man sich dadurch um eine wertvolle Erfahrung – nämlich eine Region dann kennenzulernen, wenn das Wetter bspw. mal nicht perfekt ist. Diese festgefahrenen Bilder eines optimalen Urlaubs sind ohnehin nicht sonderlich förderlich für die eigene Erholung. Das wird zumindest in einem Beitrag von Deutschlandfunk Nova ganz zutreffend beschrieben. Im heutigen Beitrag soll es über Klischee und Realität auf Reisen gehen.
Was es mit dem Klischee auf sich hat
Vielleicht ist es zu Beginn ganz gut, sich dem Ausdruck Klischee zu nähern. Laut Duden kommt dieser Ausdruck aus dem Französischen (cliché) und hat verschiedene Bedeutungen. Dabei fallen unter anderem folgende, teilweise recht abwertende, Umschreibungen auf:
- Ein Abklatsch bzw. eine unschöpferische Nachbildung
- Eine abgegriffene Redewendung
- Eine überkommene oder eingefahrene Vorstellung
Natürlich gibt es weitere Synonyme des Begriffs Klischee, die der Duden erwähnt und nicht unterschlagen werden sollten: Kopie, Nachahmung oder auch Nachbildung werden dort genannt. Wenn ich mir das so anschaue, dann frage ich mich, wovon sich Menschen bspw. eine eingefahrene Vorstellung machen. Von der Realität vielleicht? Aber genau die ist häufig gar nicht mal so festgefahren, sondern ziemlich dynamisch und bietet immer wieder so manche Überraschung.
Wenn Klischee und Realität aufeinanderprallen
Wer jetzt dachte, dass das eingangs beschriebene Beispiel eine Ausnahme ist, der irrt gewaltig. Der im ersten Absatz verlinkte Beitrag von Deutschlandfunk Nova bietet verschiedene Erklärungen dafür. Sie nehmen dabei unter anderem Bezug auf eine Studie von Forsa im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit. In dieser wird festgestellt, dass jede:r fünfte Befragte sich in der eigenen Urlaubszeit nicht erholen konnte. Die fünf Hauptgründe waren dabei folgende (Mehrfachnennungen möglich):
- Urlauber:innen konnten nicht abschalten und somit auch kein Abstand zum Alltag gewinnen (60 Prozent).
- Gescheiterte Reisepläne (31 Prozent)
- Einschränkungen durch Pandemie (27 Prozent)
- Schlechtes Wetter in der Urlaubszeit (23 Prozent)
- Stress mit Familie und / oder Freunden (21 Prozent)
Urlaubsklischees und ihre Folgen
Der DAK-Urlaubsreport 2021 offenbart schon ziemlich das, was ich zu Beginn kurz umrissen habe. Es gibt Menschen, die denken selbst im Urlaub in Klischees. Denn wenn es nach ihnen ginge, dann müsste gerade dann alles passen. Das heißt: Es dürfte grundsätzlich keine Einschränkungen geben und das Wetter hat gefälligst mitzuspielen, wenn man mal gerade unterwegs ist. Manche Personen treiben es mit ihren Klischees so weit, dass sie diese der lokalen Bevölkerung in der Urlaubsdestination fast schon zwanghaft zuschreiben wollen. Hier gibt es einen lesenswerten Beitrag zur Thematik „Stereotypen auf Reisen“. Zusammenfassend muss ich festhalten: Das Denken in Klischees fühlt sich nach einer Menge Stress an – ganz ehrlich.
Kein Wunder, dass man bei einem solchen Mindset sich nicht vom Alltag erholen kann. Denn das ist genau die Folge daraus. Statt sich erholen zu können, jagt man selbst in der eigenen freien Zeit einem möglicherweise überkommenen Ideal nach. Ist es wirklich das, was uns glücklich machen soll? Ist die Suche nach dem klischeehaftesten Fotomotiv wirklich das Ziel einer Reise? Aus meiner Sicht geht dafür eine Menge Energie drauf. Dadurch wird selbst ein Hobby wie das Fotografieren plötzlich mehr zur Belastung. Und irgendwann einmal ist man in einem solch negativen Strudel drin, dass es einen enormen Kraftakt braucht, um da wieder raus zu kommen. Doch woher nimmt man dann die Kraft, die man bspw. im Urlaub hätte tanken können?
Warum Klischee und Realität nicht übereinstimmen können
Bleiben wir mal gedanklich beim Wetter. Natürlich freut man sich darüber, wenn die Sonne scheint. Und wenn dann die Außentemperatur auch noch passt, dann steht dem perfekten Urlaub ja nichts mehr im Wege – oder? Prinzipiell schon. Aber: Warum macht man sich in einer Phase der Erholung von etwas abhängig, was man nicht steuern kann? Denn realistisch betrachtet haben wir es absolut nicht in unserer Hand, wie das Wetter im Urlaub wird. Wenn dann das örtliche Wetter nicht mit den klischeehaften Vorstellungen des eigenen Urlaubs übereinstimmt, dann ist die Enttäuschung umso größer.
Denken wir nun das Ganze etwas abstrakter. Wer in Klischees denkt, ist von Vorurteilen meist nicht weit entfernt. Manche Vorurteile werden bereits im Kindesalter anerzogen. Diese Vorstellungen geben einem Menschen scheinbar die Kontrolle darüber, wie man etwas einzuschätzen habe. Scheinbar deshalb, weil man nicht über alles und jeden eine persönliche Kontrolle ausüben kann. Womit wir an dieser Stelle wieder ganz konkret beim Wetter wären. Das Wetter wird sich eher nicht meinen erwünschten Klischees anpassen, sondern in der Realität so ziemlich das machen, was es will. Man hat es eben nicht unter Kontrolle.
Mach dich frei vom Klischee und genieße die Realität.
Nun hatten wir mindestens 2 Jahre Zeit, um unter anderem auch unser Reiseverhalten zu hinterfragen. So manche Person hat diese Chance wohl nicht ergriffen und steht sich damit selbst im Weg. Andere scheinen allerdings die Zeit zur Selbstreflexion genutzt zu haben. Zumindest legt dies eine Studie aus dem UK nahe, wonach vor allem junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 25 Jahren nicht mehr allzu viel mit gestellten Posen und klischeehaften Fotos auf Reisen anfangen kann. Anstatt sich an etwas völlig Überholtes festzuhalten, denken die jungen Erwachsenen aus der Befragung inzwischen anders über ihr eigenes Reiseverhalten. Nicht das Nachahmen bekannter Posen ist wichtig, sondern die eigene Erfahrung.
Und mit der eigenen Erfahrung wäre man in der Realität angekommen. Klar, jeder Mensch nimmt die eigene Realität immer etwas anders wahr, weil wir eben alle so unterschiedlich sind. Wenn wir ehrlich sind, dann gibt es auch die eine Realität nicht. Aber: Wir nehmen nun mal etwas wahr – und zwar unser direktes Umfeld. Wenn wir nicht immer im gleichen Umfeld bleiben, sondern uns immer mal wieder in unbekannte Gebiete hervorwagen, dann erweitern wir unseren Erfahrungsschatz. Daraus können wir Kraft schöpfen (positiv) oder unsere Lehren ziehen (bei negativen Erlebnissen). In beiden Fällen mussten wir unsere Komfortzone verlassen und konnten dadurch etwas dazulernen.
Erhalte Kontrolle über das, was du auch wirklich beeinflussen kannst.
Darum kann ich abschließend nur raten: Mach dich frei von all diesen viel zu hohen Erwartungen im Urlaub. Klischee und Realität stimmen häufig überhaupt nicht überein. Genieße stattdessen das, was du bewusst wahrnimmst und lass dich nicht von etwas lenken, was du nicht beeinflussen kannst. Und wenn du nun nach weiteren Gründen suchst, warum du unbedingt mal wieder verreisen und Neues erleben solltest, dann kann ich dir diesen Artikel vom Handelsblatt empfehlen. Möglicherweise wird der Beitrag vom Handelsblatt, wie meiner hier vielleicht auch, zum Nachdenken anregen.
Übernimm die Kontrolle über das, was du tatsächlich beeinflussen kannst. Das wären z. B. eine ausführliche Planung deiner bevorstehenden Reise oder auch ein klug sowie bedarfsorientiert zusammengestelltes Reisegepäck. Und wenn dir mal eine (häufig danebenliegende) Wetter-App anzeigt, dass das Wetter in deinem Urlaubsort eventuell doch nicht so toll wird, dann verschiebe deinen Urlaub nicht. Überlege stattdessen kurz, was in dieser Situation realistisch erscheint. Denn erstens: Wettervorhersagen können sich innerhalb von 24 Stunden wieder komplett ändern. Und zweitens: Du hast es definitiv nicht unter Kontrolle, ob bei deinem nächsten Urlaub nicht schon wieder „schlechtes“ Wetter droht. Nimm es also, wie es kommt.