Wie bereits in meinem Innovationsbeitrag erwähnt, werde ich in den kommenden Wochen meinen öffentlicher Auftritt ein wenig verändern. Die Fortsetzung dieser fachlich orientierten Reihe bildet ein grundlegendes Thema aus meinem persönlichen akademischen Werdegang. Die nachhaltige Regionalentwicklung ist ein Konzept, das in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Es zielt darauf ab, die Lebensqualität in einer (zumeist ländlichen) Region langfristig zu verbessern, ohne dabei die Ressourcen für künftige Generationen zu gefährden. Ein ganz schön hoher Anspruch – den man allerdings nachkommen kann.
Was ist nachhaltige Regionalentwicklung?
Nachhaltige Regionalentwicklung ist ein umfassender Ansatz, der wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte einer Region in Einklang bringt. Ziel ist es, eine Region so zu entwickeln, dass sie:
- Wirtschaftlich prosperiert
- Sozial gerecht ist
- Ökologisch verträglich bleibt
Dabei geht es darum, lokale Ressourcen optimal zu nutzen, regionale Kreisläufe zu stärken und die Besonderheiten einer Region zu bewahren und zu fördern. Aus wissenschaftlicher Sicht wird bereits seit mehreren Jahrzehnten auf die Notwendigkeit solcher Entwicklungen hingewiesen. Ein Beispiel hierfür ist eine Veröffentlichung aus dem Jahr 1999, bei dem auch die Regionalentwicklung auf europäischer Ebene thematisch aufgegriffen wird. Grundsätzlich ist diese Definition eine sehr traditionelle Form der nachhaltigen Regionalentwicklung. Ich stehe allerdings eher für einen progressiveren Ansatz.
Warum ist nachhaltige Regionalentwicklung wichtig?
In Zeiten der Globalisierung und des Klimawandels gewinnt die nachhaltige Entwicklung von Regionen an Bedeutung. Sie bietet mehrere Vorteile:
- Stärkung der lokalen Wirtschaft: Durch die Förderung regionaler Unternehmen und Produkte wird die Wirtschaftskraft vor Ort gestärkt.
- Erhöhte Lebensqualität: Eine nachhaltig entwickelte Region bietet ihren Bewohnern eine hohe Lebensqualität durch intakte Umwelt, gute Infrastruktur und attraktive Arbeitsplätze.
- Umweltschutz: Durch ressourcenschonende Praktiken wird die natürliche Umgebung geschützt und erhalten.
- Identitätsstiftung: Die Bewahrung regionaler Besonderheiten fördert die Identifikation der Bewohner mit ihrer Region.
Kernelemente nachhaltiger Regionalentwicklung
Um eine Region nachhaltig zu entwickeln, sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen:
- Regionale Wirtschaftskreisläufe: Förderung lokaler Produktion und Vermarktung. Diese Wirtschaftskreisläufe sollten allerdings nicht in sich geschlossen, sondern auch offen für externe Investitionen sein.
- Beratungsoffenheit: Manchmal können „von außen“ entscheidende Impulse für eine nachhaltige Entwicklung der Region gesetzt werden. Es lohnt sich, diese zu analysieren – und bei Bedarf auch zuzulassen.
- Erneuerbare Energien: Nutzung lokaler Ressourcen für eine nachhaltige Energieversorgung – das geht häufig weit über die bekannten Photovoltaik- und Windenergiequellen hinaus.
- Nachhaltige Mobilität: Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und alternativer Mobilitätskonzepte..
- Bildung und Innovation: Förderung von Wissen und Kreativität in der Region – über die Innovation habe ich bereits einen Beitrag geschrieben.
- Naturschutz und Landschaftspflege: Erhalt der biologischen Vielfalt und der Kulturlandschaft – dabei geht es auch um die Schonung dieser Flächen.
- Partizipation: Einbindung der Bürger in Entscheidungsprozesse – denn die lokale und regionale Bevölkerung kennt sich immer noch am besten vor Ort aus. Diese von Beginn weg ernsthaft mit einzubinden, kann veritable Vorteile mit sich bringen.
Herausforderungen und Chancen
Dort, wo es Chancen gibt, sind Risiken meist nicht weit. Die ÖROK hat darum ein umfassendes Paper veröffentlicht, der auf viele der nun kommenden Punkte ausführlich eingeht. Die Umsetzung einer nachhaltigen Regionalentwicklung ist nicht ohne Herausforderungen:
- Klimawandel und Ressourcenknappheit: Regionen müssen sich an veränderte Umweltbedingungen anpassen und nachhaltige Lösungen für Ressourcenmanagement finden.
- Demografischer Wandel: Viele ländliche Regionen kämpfen mit Abwanderung und Überalterung, was die wirtschaftliche und soziale Struktur belastet.
- Digitalisierung: Die rasche technologische Entwicklung erfordert Anpassungen in Infrastruktur und Bildung, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Dennoch überwiegen die Chancen:
- Erneuerbare Energien: Die Umstellung auf nachhaltige Energiequellen bietet Regionen die Möglichkeit, energieautark zu werden und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
- Regionale Wertschöpfung: Durch die Förderung lokaler Produkte und Dienstleistungen kann die wirtschaftliche Resilienz gestärkt werden.
- Innovative Mobilitätskonzepte: Neue Ansätze im öffentlichen Nahverkehr und Sharing-Modelle können die Lebensqualität in ländlichen Räumen verbessern.
- Digitale Vernetzung: Telearbeit und digitale Dienstleistungen eröffnen neue Möglichkeiten für die Entwicklung ländlicher Regionen – und könnten dadurch wieder die Attraktivität für ein jüngeres Publikum steigern.
Progressive nachhaltige Regionalentwicklung
Eine zukunftsorientierte Form der nachhaltigen Regionalentwicklung geht über die bloße Bewahrung bestehender Strukturen hinaus und zielt auf eine intelligente Weiterentwicklung von Regionen ab. Das Österreichische Institut für Raumplanung (ÖIR) betont in seinem aktuellen Bericht zur „Regionalen Resilienz“, dass es entscheidend ist, die Anpassungsfähigkeit von Regionen an sich verändernde globale Bedingungen zu erhöhen. Dazu gehören die Förderung von Innovationen, die Stärkung regionaler Wertschöpfungsketten und die Entwicklung neuer nachhaltiger Geschäftsmodelle. Diese Maßnahmen ermöglichen es Regionen, ihre endogenen Potenziale besser zu nutzen und gleichzeitig neue Wertschöpfungsketten zu erschließen.
Höhere Resilienz
Ein weiterer wichtiger Aspekt progressiver nachhaltiger Regionalentwicklung ist die Stärkung der regionalen Resilienz gegenüber zukünftigen Krisen. Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) hebt in seiner Masterplan Ländlicher Raum hervor, dass Resilienz durch die Diversifizierung der regionalen Wirtschaftsstruktur, die Förderung von Unternehmertum und die Schaffung flexibler Governance-Strukturen erreicht werden kann. Besonders betont wird die Bedeutung von Digitalisierung und Innovation als Schlüsselfaktoren für eine zukunftsfähige Entwicklung ländlicher Regionen. Zudem wird die Wichtigkeit von Bürgerbeteiligung und regionalen Netzwerken unterstrichen, um kollektiv auf Herausforderungen zu reagieren und innovative Lösungen für eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln.
Impulse von engagierten Zugezogenen
Ländliche Regionen profitieren in besonderem Maße von neuen Impulsen, die von außen oder durch Zugezogene kommen. Es sind Menschen, die aktiv zur Gemeinschaft beitragen, ihre Erfahrungen aus anderen Teilen des Landes oder Europas einbringen und bereit sind, diese zu teilen. Sie möchten dazu beitragen, eine (vermeintlich) strukturschwache Region positiv zu entwickeln, erkennen deren einzigartigen Charme und kommunizieren ihre Potenziale nach außen. Solche Menschen gilt es zu unterstützen – nicht zu behindern oder mit abwegigen Geschichten fälschlicherweise zu brandmarken oder gar zu verurteilen. Blicken wir auf die Entwicklung ländlicher Regionen in Europa, wird ohnehin deutlich: Ohne internationale Vernetzung und ohne die Einflüsse engagierter Zugezogener hätte kaum eine Region eine zukunftsfähige Transformation erfahren. Solche Impulse sind somit essenziell.
Fazit: Gemeinsam die Zukunft gestalten
Nachhaltige Regionalentwicklung ist ein kontinuierlicher Prozess, der das Engagement aller regionalen Akteure erfordert. Sie bietet die Chance, Regionen zukunftsfähig zu gestalten und dabei ökonomische, soziale und ökologische Ziele in Einklang zu bringen. Durch kluges und vorausschauendes Handeln können Regionen ihre Stärken ausbauen, Herausforderungen meistern und eine lebenswerte Zukunft für alle Bewohner:innen schaffen. Indem wir heute die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung stellen, können wir sicherstellen, dass unsere Regionen auch morgen noch lebenswert und prosperierend sind. Nachhaltige Regionalentwicklung ist somit nicht nur eine Notwendigkeit, sondern eine Investition in unsere gemeinsame Zukunft.