Es war an einem Tag Ende März – und mein erster größerer Urlaub stand an. Mein Gepäck war bereits zwei Tage vor Abfahrt vollständig zusammengetragen. Nur noch schnell alle Zugverbindungen, Platzreservierungen und Nächtigungsquartiere überprüft. Check! Es konnte also entspannt losgehen. Für mich stand eine Zugrundreise nach Skandinavien und Norddeutschland an. Endlich mal Regionen erleben, in welchen ich bisher noch nicht war. Und das allein und mit dem Zug. In vier Blogposts möchte ich meine Erfahrung mit Interrail schildern.
Der erste Teil der Strecke im Überblick
Vom Murtal weg fuhren meine Züge in Richtung Norden. Mein erster Halt war Kiel – Hauptstadt von Schleswig-Holstein und so ziemlich die wildeste Handball-Hochburg in Deutschland. Von dort aus ging es bereits am nächsten Tag weiter nach Stockholm, wo ich eine der außergewöhnlicheren Unterkünfte bezog. Meine Erfahrung mit Interrail, insbesondere mit den Zugverbindungen in den einzelnen Ländern, waren in meiner Wahrnehmung höchst unterschiedlich. Kurz: Es war ein interessanter Wechsel aus großzügigen Plätzen (v. a. in Schweden), völlig überbuchten Zügen und – wie sollte es anders sein – diversen Zugverspätungen.
Hallo, Deutsche Bahn! Genau ihr seid damit gemeint. Oder woher kommen die stark angestiegenen Entschädigungszahlungen aufgrund der Verspätungen? Es geht besser, lieber Vorstand der Deutschen Bahn. Bevor man sich selbst nicht nachvollziehbare Gehaltserhöhungen gönnt, könnt man ja z. B. die „zu alte, störanfällige und unterdimensionierte Infrastruktur“ angehen oder die Arbeitsbedingungen für die Belegschaft verbessern. Dann wird auch weniger gestreikt. Anyway, zurück zum Positiven: Dank „Danish dynamite“ (also, der dänischen Belegschaft im Zug) konnte ich meinen Anschlusszug nach Stockholm doch noch rechtzeitig erreichen. Naja, wäre aber auch langweilig, wenn alles perfekt laufen würde. 😉
Meine Erfahrung mit Interrail (Teil 1) in Daten zusammengefasst
Meine ersten beiden Tage waren vor allem geprägt von längeren Zugfahrten. Die Organisation des Tickets (Global Pass) war grundsätzlich gut möglich. Auch die Sitzplatzreservierung, die ich bei den nationalen Bahngesellschaften durchgeführt habe, konnten gut durchgeführt werden (mal von wenigen Aussetzern der digitalen Infrastruktur abgesehen). Die App „Rail Planner“ funktionierte auf meinem Smartphone nach korrekter Einrichtung ohne weitere Probleme. Damit konnte ich verreisen, ohne dabei eine Zettelwirtschaft mitführen zu müssen. In diesem Bereich ist die Digitalisierung also entsprechend weit fortgeschritten – auch wenn sich vor allem die Funktion der internationalen Sitzplatzreservierung sicherlich noch vereinfachen ließe.
Tag 1 – von Kraubath nach Kiel
Innerhalb von 12 Tagen würde ich insgesamt 6.717 km mit dem Zug gefahren sein. Am ersten Tag meiner Interrail-Reise absolvierte ich bereits ca. 1.119 km (Angaben über die App „Rail Planner“). Schätzungsweise ein Sechstel der Strecke absolvierte ich also schon am ersten Tag. Dabei stieg ich an drei Bahnhöfen um (Leoben, München und Hamburg). Die Umsteigezeiten habe ich, auch aufgrund persönlicher Erfahrungen, bewusst so gewählt, dass mich eine halbstündige Verspätung nicht den Anschluss kosten würde. Also schaute ich, dass ich mindestens 35 Minuten Zeit zum Umsteigen hatte. Dass dabei nicht immer nur die Deutsche Bahn Schuld an den Verspätungen hat, zeigte mir ein Zwischenfall bei Nürnberg: Es wurde die Notbremse von Fahrgästen gezogen, die wohl ihr Gepäck am Bahnsteig vergessen hatten. So zumindest die Darstellung der Zugbegleiter:innen im Zug. Nun, mir wird auf Reisen wirklich nicht langweilig. 😉
Tag 2 – von Kiel nach Stockholm
Warum eine vorausschauende Reiseplanung wichtig ist, zeigte der darauffolgende Tag. Von Kiel ging es über Schleswig und Kopenhagen nach Stockholm weiter. Von Kiel nach Schleswig war der Regionalzug noch pünktlich. Dann aber verspätete sich der Anschlusszug in Richtung Kopenhagen erheblich (zwischenzeitlich waren es 30 Minuten). Im Fernverkehr stellte ich wiederholt fest: „Deutsche Bahn doing Deutsche-Bahn-things.“ Die Begründungen waren dabei höchst interessant. Während am Bahnsteig noch durchgesagt wurde, dass die Verspätung aufgrund von Bauarbeiten zustande gekommen sei, teilte man den Reisenden im Zug mit, dass durch diverse Zu- und Umstiege der Zug unpünktlich sei. Im völlig überfüllten Zug saß ich nun schulterzuckend und durfte dabei sein, als die dänische Crew einen großen Teil der Verspätung wieder aufholen konnte (letztlich waren es nur noch 12 Minuten in Kopenhagen). Mein Anschlusszug nach Stockholm konnte ich somit ganz entspannt erreichen.
Meine Erfahrung mit Interrail (Teil 1) – vor Ort
Bevor ich ein wenig ins Detail gehe, möchte ich festhalten, dass maximal ein Tag oder auch nur wenige Stunden Aufenthalt weder Kiel noch Stockholm so wirklich gerecht werden. Darum werde ich beide Städte erneut besuchen und fürs nächste Mal einen längeren Aufenthalt einplanen. Welche Besonderheiten die beiden Städte gemein haben? Nun – sowohl in Kiel (Lillebräu) als auch in Stockholm (Omaka) gibt es ein sehr schmackhaftes lokales Bier. Und beide Städte haben eine mehr oder weniger direkte Anbindung an die Ostsee.
13 Stunden in Kiel: Hauptstadt von Schleswig-Holstein und verrückt nach Handball
Vorweg: Es war nicht mein erster Aufenthalt in Kiel. Doch mein letzter Besuch ist bereits über ein Jahrzehnt her und darum wollte ich diese (aus meiner Sicht) lässige Stadt an der Kieler Förde wieder besuchen. Was sich seit meinem letzten Besuch nicht geändert hat, ist die Handballbegeisterung, die es in dieser Stadt nach wie vor gibt. Die THW Kiel ist nach wie vor ein Team „to watch“ und nimmt sehr regelmäßig an der Handball-Champions-League teil. So auch an jenem Tag, als ich nach Kiel reiste (auch wenn ausgerechnet dieses Spiel knapp verloren ging). Bei meinem nächsten Besuch werde ich dann auf jeden Fall einen Abstecher zum Sandhafen unternehmen. Aus meiner Sicht ist das eine der coolsten sowie außergewöhnlichsten Bars in Deutschland. Nebenbei werde ich mir das Lille Bier gut schmecken lassen. Wer mal Lust auf ein etwas anderes Bier hat – Letzteres kann ich nur empfehlen.
Ein Tag in Stockholm: im Geiste von Alfred Nobel
Etwas knapp bemessen war es letztlich schon. Doch mein erster Aufenthalt in Stockholm hätte fast nicht einprägsamer sein können. Am Abend kam ich noch in eine total verschneite Stadt an. Zudem nächtigte ich in einem wirklich außergewöhnlichen Hotel: Das Mälardrottningen Hotell & Restaurang liegt so zentral, dass man es bequem zu Fuß vom Hauptbahnhof und vom Zentrum aus erreichen kann. Von dort aus konnte ich ganz entspannt meine Spaziergänge planen und durchführen. Nebenbei ist die Location an sich ein Highlight, da es sich hierbei um ein Hotel auf einem Schiff handelt. An dieser Stelle möchte ich diese Unterkunft wärmstens weiterempfehlen, denn das Personal dort ist sehr höflich und steht für jegliche Fragen der Gäste gerne zur Verfügung.
Nun ist ein Tag in Stockholm sehr knapp bemessen. Doch sudern hilft nicht – es kommt schließlich darauf an, was man aus der knappen Zeit macht. Es ist natürlich fast schon ein Segen, dass in Stockholm sehr viele Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichbar sind, wenn man die eigene Unterkunft nahe des historischen Zentrums hat. Persönlich wollte ich unbedingt das Nobelpreismuseum besuchen, weil ich mit diesem Preis die unfassbare Entwicklung der modernen Zeit in Verbindung setze. Sehr sympathisch in Erinnerung bleibt mir dabei die für Kinder vorbereiteten Informationsräume. Mit einem spielerischen Zugang kommen dabei die Kids mit diversen Facetten der Wissenschaft in Berührung. Gestärkt habe ich mich nach dem Besuch des Museums im Restaurant Hermitage: Dort gibt es schwedische Klassiker vegan interpretiert.
Meine Erfahrung mit Interrail – erste Schlussfolgerung
Mein erstes Zwischenfazit zur persönlichen Erfahrung mit Interrail fällt überwiegend positiv aus. Auch wenn ich bei der Planung gerade beiden Städten etwas mehr Zeit hätte widmen können, bin ich doch froh, dass ich sie zumindest (wieder) besucht habe. Es war für mich ein außergewöhnlicher Einstieg in meine mehrtägige Reise. Eigentlich besteht dabei das Risiko, dass die Fallhöhe für die weiteren Sehenswürdigkeiten enorm hoch ist – allerdings nur, wenn man den Fehler macht, Destinationen miteinander zu vergleichen. Wenn man aber jeden Ort als Unikat betrachtet und sich darauf einlässt, dann kann man eigentlich nicht enttäuscht werden. Darum würde ich sowohl Kiel als auch Stockholm uneingeschränkt als Reiseziel weiterempfehlen. Wie praktisch, dass sie gut mit dem Zug erreichbar sind – wenn die Deutsche Bahn denn mal die Sache mit der Pünktlichkeit ernst nimmt. Aber das ist eine andere Story, auf die ich vorerst nicht mehr eingehen will. 😉