Unterwegs zu sein, macht Spaß. Schön, wenn man Erlebnisse gemeinsam teilen kann. Doch dieses Mal wollte ich für meine anstehende Tour etwas anderes tun. Etwas, was ich nun etwas länger vernachlässigt habe. Ich wollte endlich mal wieder allein auf Reisen gehen. Richtig. Allein. Ohne meinen Partner. Und das als Frau. Nein, ich fürchte mich nicht davor. Und es wird mir auch nicht langweilig. Aus früheren Erfahrungen kann ich sogar sagen, dass es durchaus seine Vorteile hat, mal allein zu verreisen.

Allein auf Reisen und dabei sicher unterwegs

Doch bevor ich jetzt loslege und erzähle, welche Vorteile es haben kann, allein unterwegs zu sein, möchte ich auf den vielbeschworenen Sicherheitsaspekt eingehen. Mein engstes Umfeld weiß natürlich ganz genau, wo ich bin und wo ich nächtigen werde. Auch habe ich diverse „Gadgets“ bei mir, die mich in brenzligen Situationen schützen können. Man sollte ja nicht völlig naiv unterwegs sein. Aber zu Tode fürchten sollte man sich allerdings auch nicht. Schließlich entdecken nur diejenigen die Welt, die die Initiative ergreifen und mutig vorangehen. Und nun kommen wir zu den Vorteilen.

Vorteil #1: Man ist letztlich nie allein.

Wenn man allein auf Reisen ist, heißt das noch lange nicht, dass man einsam ist. Selbstverständlich kommt es darauf an, wie man von außen zugänglich ist. Kommt man mit Leuten im Zug leicht ins Gespräch? Wie sieht es in den Unterkünften aus? Und wie schaut es mit den eigenen Englisch-Kenntnissen aus – sind die denn noch frisch genug für ein paar längere Abende? Wenn ich allein unterwegs bin, dann sind es meist Rundreisen. Und so unterschiedlich die Orte sind, die ich besuche, so verschieden sind dann auch meine Unterkünfte. Ich scheue mich auch trotz meines erwachsenen Alters nicht zurück, mich in ein Hostel einzuchecken. Warum auch nicht? Gerade dort lernt man nach wie vor die lässigsten Leute kennen.

Doch auch, wenn man in Hotels eincheckt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man angesprochen wird, sehr viel größer. Ich hatte den Eindruck, dass ich dann offener auf Menschen wirke. Es entwickelten sich oftmals sehr interessante Gespräche. Warum soll man sich auch immer nur mit Menschen aus dem eigenen Umfeld unterhalten? Den interessantesten Austausch hat man doch meistens mit Personen, die man frisch kennenlernt und mit denen man meistens eine gemeinsame Leidenschaft hat, die verbindet: das Reisen. So lernte ich in der Vergangenheit wirklich außergewöhnliche Persönlichkeiten auf meinen Reisen kennen und erinnere mich gerne an die eine oder andere lustige Aktion zurück.

Allein auf Reisen - Bekanntschaft aus Chile - (c) ausgeglichen unterwegs
Wenn man nette Menschen im Hostel kennenlernt und dann gemeinsam für einen Tagesausflug gemeinsam nach Bled fährt (Foto: © ausgeglichen unterwegs, Februar 2013).

Vorteil #2: Zeit, aus dem gewohnten Umfeld rauszukommen.

So schön es ist, gemeinsam unterwegs zu sein: Manchmal muss man aus den gewohnten Strukturen ausbrechen, um neue Eindrücke von außen zulassen zu können. Ich breche in dieser Zeit dann bewusst mit so mancher Routine und hinterfrage so manche Entwicklung in meinem Leben. Das liest sich sehr belastend – ist es allerdings gar nicht. Es ist – im Gegenteil – sehr befreiend. Umso besser, wenn man das regelmäßig machen kann. Denn dann staut sich weniger an und man kann kontinuierlich an sich und an den aktuellen Umständen arbeiten. Aus meinem gewohnten Umfeld auszubrechen heißt für mich auch, mich auf eine eigene Art und Weise weiterzuentwickeln.

Wenn man mal aus den gewohnten Strukturen für eine Zeit lang ausgestiegen ist, öffnet man sich für neue Impulse. Ich nehme bspw. meine Umgebung bewusster wahr, komme sehr viel schneller mit Menschen ins Gespräch. Man tauscht sich aus, realisiert, dass es so viele unterschiedliche Lebenskonzepte gibt, so viel Buntes und Außergewöhnliches auf dieser Welt. Und dann relativiert sich auch sehr schnell so manches, was man vor dem Urlaub als Problem betrachtete. Allein auf Reisen zu sein heißt für mich also auch, nicht mehr zu all meinen gewohnten Routinen zurückzukehren. Ein paar der eher schlechten Angewohnheiten werde ich also getrost kicken. Welch eine wunderbare Hygiene für die Seele. 😉

Vorteil #3: Bewusstsein für die eigenen Bedürfnisse stärken

Mir ist in den letzten Wochen vor meiner Abfahrt aufgefallen, dass ich einige meiner Bedürfnisse schlicht nicht befriedigen konnte oder von anderen Personen außerhalb meines privaten Umfelds mit Füßen getreten wurden. Kurz: Meine persönlichen Grenzen, mehrfach angesprochen, wurden immer und immer wieder überschritten. Darum werde ich in manchen Bereichen sehr viel entschiedener auftreten. Klarer in der Ansprache werden. Denn scheinbar ist es noch nicht bei jedem durchgedrungen, dass ich nicht deren emotionaler Mülleimer bin – und auch nicht ihre große Beschützerin. Es wird für andere Personen aus meinem nicht-privaten Umfeld also Zeit, endlich erwachsen zu werden.

Wenn ich allein auf Reisen bin, dann kann ich sehr viel besser auf meine Bedürfnisse eingehen, da ich mich in dieser Phase voll auf mich konzentrieren kann. Das ist keinesfalls egoistisch, sondern etwas, was man unbedingt immer mal wieder tun sollte. In sich hineinhören und nachfragen: Passt mein Leben so, wie es momentan ist? Was kann ich aktiv verändern, wenn es mich denn stört? Worüber bin ich dankbar? Gerade Letzteres ist absolut wichtig. Denn nichts im Leben ist auch nur irgendwie selbstverständlich. Außerdem hilft es ungemein, einem wirklich schlechten Gefühl ganz gut entgegenzuwirken: Der Neid ist nämlich für die Fische. Nein, eigentlich noch nicht einmal für das. Neid ist einfach nur überflüssig. Bekommt man auch super in den Griff, wenn man regelmäßig auf sich schaut und sich nicht andauernd mit anderen vergleicht. Und das Leben wird plötzlich so viel einfacher, wenn man nicht nach dem trachtet, was andere scheinbar haben.

Vorteil #4: Persönliche Weiterentwicklung

Man könnte meinen, dass es erst einmal ein Nachteil ist, wenn man alles selbst machen muss. Allerdings kann ich an dieser Stelle ein paar Gegenargumente bringen. Als ersten Punkt könnte man die Verbesserung der persönlichen Sprachskills hervorbringen. Wenn zu zweit oder in einer Gruppe unterwegs ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit relativ groß, dass man in der gewohnten Alltagssprache verbleibt. Wenn man allerdings allein auf Reisen ist und dabei Menschen kennenlernen möchte, dann unterhält man sich häufig von Beginn weg auf Englisch. Daraus ergibt sich also eine hervorragende Möglichkeit, vor allem die eigenen Englisch-Kenntnisse zu verbessern.

Doch die Eigenverantwortung beginnt schon bei der Planung der Reise. Denn eine längere Reise sollte möglichst so strukturiert sein, dass man ein paar Dinge bereits vorab fixiert. Trotzdem kann man sich mit einem entsprechenden Aktivitäten-Management genügend Flexibilität bewahren. Anstatt bspw. einem klischeehaften Idealbild hinterher zu hecheln, kann man sich bewusst Zeit für „freie Spaziergänge“ nehmen. Das sind bei mir jene Stunden, an welchen ich mich einfach mal treiben lasse und dabei ganz bewusst meine Umgebung wahrnehme.

Allein auf Reisen - Prag 2013 - (c) ausgeglichen unterwegs
Allein im wunderschönen Prag – auch das geht ganz wunderbar! Auch hier habe ich interessante Persönlichkeiten kennengelernt (Foto: © ausgeglichen unterwegs, Mai 2013).

Allein auf Reisen zu sein, steigert meine eigene Zufriedenheit.

Wenn ich unterwegs bin und alles mal auf mich einwirken lasse, dann fühle ich nach einer Weile eine gewisse Erleichterung. Denn ich bin raus aus meinem gewohnten Denken und Handeln und tue Dinge, die ich in meinem persönlichen Alltag (noch) nicht integriert habe. Es wirken so viele neue Eindrücke auf mich ein, sodass mir immer wieder bewusst wird, wie viele Möglichkeiten diese Welt (mir) noch bieten kann. Ich habe mich für diese Interrail-Reise darum bewusst entschieden, in Regionen zu fahren, die für ihre diversen Problemlösungsansätze, aus meiner Sicht völlig zu Recht, international hervorgehoben werden: Es geht für mich nach Skandinavien. Genauer nach Schweden, Norwegen und Dänemark. Und ein bisschen in Deutschland bin ich auch noch unterwegs. Der alten Heimat einen kurzen Besuch abstatten.

Allein auf Reisen zu sein ist also alles andere als langweilig. Vor allem, wenn man sich selbst einen kleinen Bildungsauftrag für jede Reise mitgibt. Das habe ich in diesem Fall auch wieder so getan. Ich wollte bewusst in eine Region fahren, in der nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung vorgelebt wird. Sie sehen die Probleme und entwickeln mitunter wirklich interessante Lösungen dafür. Ob diese auch in ferner Zukunft funktionieren? Wer weiß das schon so genau. Doch für den Moment adressieren sie die Probleme, werden sich derer bewusst und nehmen die Herausforderung an, sie zu lösen. Ein Mindset, dass dem deutschsprachigen Raum mal gut zu Gesicht stehen würde. Stichwort: Eigenverantwortung. Aber das ist eine eigene Sache und wäre, um an dieser Stelle Theodor Fontane zu zitieren, ein „zu weites Feld“. 😉