Endlich (!) konnte ich ein Projekt abschließen, das mich schon einige Jahre begleitete. Das hat mich sehr viel Kraft gekostet. Doch anstatt mich darauf zu freuen, dass das Projekt erfolgreich abgeschlossen ist, kreisen erneut meine Gedanken. Zu vieles ist in den letzten Jahren an mich herangetragen worden. Dinge, die sehr negativ waren. Vorfälle, die mich heruntergezogen, mir auch häufig genug den Tag (und die Wochen danach auch) vermasselt haben. Doch aus dieser Spirale wollte ich irgendwann mal raus. Weg von all diesen sogenannten „Owizahrern“. Ich denke, davon ein wenig Abstand zu nehmen, tut gut. Nicht nur geistig, sondern auch körperlich.
Abstand tut gut und hilft dabei, klarer zu sehen
Zu Beginn des Monats fuhr ich für einige Tage zu meiner Familie nach Süddeutschland. Mein Energietank war völlig leer und ich wollte wieder Menschen um mich herum haben, die mich so akzeptieren, wie ich bin. Gerade während der Pandemie war es sehr schwer, mich mit meinen Freunden aus alten (und sehr lustigen) Zeiten zu treffen. Stattdessen musste ich mich häufig mit Menschen befassen, die eine sehr negative Sicht auf das Leben haben. Dabei realisieren viele dieser Pessimisten nicht, dass sie ihr eigenes Glück nun wirklich selbst in der Hand haben. Darum wollte ich einen gewissen Abstand zu diesen gewinnen – und ich merkte: Mir tut das gut.
Mit der Zeit in Süddeutschland erholte ich mich etwas und sah diverse Sachverhalte klarer. Ich konnte nach einigen Tagen sehr eindeutig für mich definieren, wohin ich mich definitiv hin entwickeln will – und was ich unter gar keinen Umständen mehr erleben möchte! Freiheit war für mich schon immer ein sehr hohes Gut und etwas, was ich mir sicherlich hart erarbeitet habe. Doch wenn man derzeit in einer gesellschaftlichen Struktur in einer mitteleuropäischen Stadt lebt, die dich dauernd in Rollen hinein zwingen wollen, in denen du nicht drin sein willst – tja, dann ist das exakt das Gegenteil von Freiheit. Daraus folgere ich: Schnell weg von solchen Strukturen.
Mit einer gewissen Distanz den eigenen Wert erkennen
Eigentlich ist es eine bodenlose Unverschämtheit, wenn Menschen die Leistung anderer Menschen, die wirklich etwas geleistet haben, gering schätzen. Vielleicht, weil sie sich dadurch besser oder erhabener fühlen – selbstverständlich immer auf Kosten anderer. Möglichst auf Kosten der fleißigen Menschen, deren Niveau sie nie erreichen werden. Menschen, die andere Menschen gering schätzen, habe ich mit der Zeit als sehr toxisch kennengelernt. Ist das der Umgang, den ich in meinem privaten Umfeld haben will? Sicher nicht! Denn sie greifen irgendwann mal auch dich an und reden deine Leistungen und dein Erreichtes schlecht. Auch hier stelle ich nun vermehrt einen geistigen wie räumlichen Abstand her, der mir mit Sicherheit gut tut.
Nachdem ich also eine gewisse räumliche Distanz zu meinem (noch) aktuellen Umfeld hergestellt hatte, konnte ich in mich gehen. Konnte über die letzten Jahre nachdenken und stellte fest: Eigentlich verrückt, was ich mir an Skills angeeignet und alles geschafft habe. Genau genommen ist es eine ziemliche Freak-Show – im positiven Sinne, irgendwie. Die Tage in Süddeutschland brachten mir das Lächeln auf meinem Gesicht zurück, das mir die Wochen davor ein wenig abhanden gekommen war. Dabei lache ich gern, viel – und, ja, auch laut. Somit stellte ich fest, dass ich mir zu wertvoll für ein destruktives Umfeld bin. Außerdem: Ich wüsste nicht, wie destruktive Menschen jemals etwas auf der Welt zum Positiven verändert hätten.
Auf Reisen diverse Entwicklungen anders bewerten
Ich brauchte also unbedingt diese Reise in meine alte Heimat, um mich auf das zurück zu besinnen, was mir wirklich wichtig ist. Dass ich mich nun vermehrt von all dem löse, was mich nur unnötig unter Druck setzt, verdanke ich also einem Ortwechsel. Dieser räumliche und geistige Abstand hat bewirkt, dass ich mich wieder mehr mit Menschen umgeben möchte, die nicht dauernd in Klischees denken. Leute, die ihr Leben selbst gestalten wollen und nicht nur destruktiv denken. Ich möchte einfach all jene Personen um mich herum haben, die nicht in irgendwelche festgefahrenen gesellschaftlichen Strukturen denken und glauben, irgendwelche „gesellschaftlichen Pflichten“ erfüllen zu müssen.
Mit dieser Reise konnte ich also die benötigte Distanz gewinnen, um verschiedene Entwicklungen aus meinem Leben anders zu bewerten und neu einzuordnen. Warum das wichtig ist, das das Utopia-Magazin in einem Beitrag aus meiner Sicht sehr zutreffend zusammengefasst. Dort wird erwähnt, dass die Suche nach dem eigenen Ich, das Krafttanken, die Stärkung der eigenen Gesundheit und das Verwirklichen der eigenen Träume gute Gründe sind, gelegentlich etwas Abstand vom Alltag zu nehmen. Diese Wirkung hatte ich während meiner Zeit in Süddeutschland. Eine kleine Reise in die Vergangenheit – und es kam mir so vor, als wäre ich nie weg gewesen. Tja, irgendwie verrückt. Und doch habe ich mich persönlich weiter entwickelt.
Der emotionale und räumliche Abstand tut auf Dauer gut und kann sozial förderlich sein.
Es spricht wirklich nichts dagegen, selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen. Solange man mit den selbst gefällten Entscheidungen leben kann, ist doch alles gut. Zudem ist wirklich nirgendwo festgehalten, dass man eigenen Entscheidungen immer von anderen Menschen abhängig machen muss. Faule Kompromisse bringen mich auf Dauer einfach nicht voran. Also: Weg damit! Her mit der Lebensenergie! Ja zum Mut! Ich lebe lieber ungewöhnlich. Und vor allem: Endlich kann ich emotional und räumlich Abstand von all dem nehmen, was mir über die Jahre nicht gut getan hat. Das ist definitiv nicht egoistisch, sondern in meinem Fall aber mal sowas von aller höchste Zeit. Auch das ist ein Schritt hin zu mehr persönlicher innerer Ausgeglichenheit.
Dass ein wenig Abwechslung im Leben (und vor allem im Alltag) gut tut, bemerke nicht nur ich – auch in der Wissenschaft gibt es Personen, die sich damit befassen. In einem Gastbeitrag auf ZEIT Online geht es darum, dass Menschen in der Öffentlichkeit Abstand vom Gewohnten und von sich selbst gewinnen. Das ist wichtig, denn das lenkt nicht nur die ständige Aufmerksamkeit von sich selbst auf andere ab, sondern fördert den Blick für das Wirken anderer Menschen. Um ein Beispiel aus dem verlinkten Artikel zu nennen: In einer Theateraufführung lenkt man sich nicht nur ab, sondern schenkt den Künstler:innen die ungeteilte Aufmerksamkeit. Andere Menschen bekommen für ihr Wirken somit eine gewisse Wertschätzung überbracht. Wie schön und sozial es doch sein kann, sich emotional und räumlich gewisse Freiheiten zu nehmen.
Wie ich mit einem gewissen Abstand lernte, meine alte Heimat zu schätzen
Als ich Süddeutschland verließ, um im universitären Umfeld mein Glück zu versuchen, fielen mir einige Gründe ein, weshalb ich ging. Ob es nun daran lag, endlich mal von daheim auszuziehen, das oftmals als zu eng empfundene familiäre Umfeld zu verlassen oder auch der Dialekt, der außerhalb dieser Region (leider) als provinziell wahrgenommen wird – diese Liste könnte man noch länger fortsetzen. Ich wollte raus, etwas anderes sehen, was erleben, meinen Horizont erweitern. Nun: Auf das eine oder andere Erlebte hätte ich sehr gerne verzichtet. Doch diese negativen Erfahrungen zeigten mir die Vorzüge auf, die ich in meiner alten Heimat genoss. Darum kehrte ich auch immer wieder und gerne zurück. Freute mich, Familie und Freunde wieder zu sehen.
Ich brauchte also diesen Abstand, um mir bewusst zu werden, in was für einer tollen Gegend ich da aufgewachsen bin. Wie frei ich dort in meinem familiären Umfeld letztlich agieren, ja, mich entfalten konnte. Was für ein unglaubliches Privileg es ist, immer wieder zurück in diese Region reisen zu dürfen. Sei es, um mich dort im Kreise meiner Familie zu erholen oder um enge Freunde zu treffen. Vor allem aber hat mir dieser Abstand zu dieser Region geholfen, Wertschätzung für Dinge zu entwickeln, die andernorts alles andere als selbstverständlich sind. Ob ich eines Tages dauerhaft zurückkehre, kann ich noch nicht sagen. Was ich ganz sicher festhalten kann: Ich komme immer wieder und sehr gerne zurück und freue mich darüber, dass meine Familie und meine Freunde in der Region dort mich so akzeptieren, wie ich bin. Und das ist schon verdammt viel wert.